Wettereffekte am Gletscher
Schon am Abend hat das Spiel mit dem Nebel begonnen. Kaum war die Sonne hinter den Wolken wurde es kalt und erste Wolkenschleier legten sich um die Berghänge. Über die Nacht zog sich das zu einer Suppe zu, die uns am Morgen begegnet. Draußen ist alles nass als hätte es geregnet. Die Wassertröpfchen des Nebel kann man in der Luft mit dem bloßen Auge sehen. Das Spiel geht rückwärts und um 9 kommt die Sonne raus.
Vatnajökull – die drittgrößte Eisfläche der Welt
Zwei Tage haben wir für den Vatnajökull reserviert. Schon seit dem ersten Blick auf die Karte wissen wir wie groß dieser Gletscher ist. Der Vatnajökull ist der weitaus größte Gletscher Islands. Noch viel unglaublicher: er ist die drittgrößte Eisfläche der Welt und erstreckt sich über unvorstellbare 7.900km². Damit bedeckt er etwa 8% der isländischen Landfläche und ist dabei im Durchschnitt ganze 380m dick. Stundenlang kann man entlang fahren, drum herum dauert es eher Tage. Immer wieder ziehen sich Gletscherzungen ins Tal, die man anfahren kann.
Skaftafell
Gut erschlossen ist Skaftafell. Mit Visitor Center, Food Truck, Campingplatz und einigen Touranbietern ist für jeden was dabei. Man kann Wanderungen unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrade machen, die sich auch kombinieren lassen. Wer näher dran sein will, bucht eine der Gletscher Touren. Von Spaziergängen auf dem Eis bis zu Höhlentouren oder Eisklettern gibt es diverse Möglichkeiten. Meist startet man mit einem der verrückten Superjeeps. Wer versuchen will, die schiere Größe zu erfassen, dem bleibt nur die Luft. Direkt am Abzweig von der Ring Road starten Helikopter und Flugzeuge ihre Rundflüge.
Wandertour zum Glacier Viewpoint
Wir wollen den Blick von oben haben und wählen die Tour S6. Sie steigt immerhin 300 Meter auf und wir bauen uns einen Rundweg über den Svartifoss. Auch die Gletscherzungen mit ihren Spalten bilden wie schon die Lava interessante Muster und Formen. So harmlos es aussieht und so sehr wir den Schnee lieben, so gefährlich und gewaltig sind sie doch.
Kleiner Umweg zum Svartifoss
Der Svartifoss ist für uns nur ein kleiner Umweg. Auch hier finden sich wieder Basaltsäulen. Sie entstehen durch eine spezielle Form der Abkühlung von Lava, welche das neue Gestein in meist geometrisch sinnvolle, sechseckige Säulen aufspalten lässt.
Weil der Tag vorangeschritten ist und wir die letzten Attraktionen mit einem Stück Anfahrt nur in Hektik machen könnten, belassen wir es für heute dabei. Trotz dass der Skatafell Camping seine Covid-19 bedingte Belegungsgrenze heut noch nicht erreicht hat, schlafen wir wieder am gemütlichen Camping von gestern mit einem Sonnenuntergang der anderen Art.
Zwei Gletscherhighlights an einem Ort
Heute wird ein langer Tag. Gletscher Action ist angesagt und noch 4h Fahrt bis Egilsstaðir. Den Campsite haben wir vorgebucht als uns klar wurde, dass es keine einzige andere Unterkunft mehr gibt. Vermutlich ist das am Vorabend einer jeden Fährenabfahrt so. Auf dem ersten Streckenabschnitt können wieder die Spiele des Wetters beobachten und immer wieder Blicke auf den Gletscher ergattern.
Vorgeschmack am Fjallsárlón
Unterhalb einer Gletscherzunge befindet sich üblicherweise ein Gletschersee aus dem sich dann der Fluss speist. Diese sind hier in aller Regel sehr trüb aufgrund der ausgewaschenen Vulkanasche. Das macht sie nicht weniger sehenswert und wir halten am Fjallsárlón an. Der kleine 1,5km lange Rundweg lässt uns die Kälte spüren. Obwohl es mit 12°C ganze 3 Grad wärmer ist als am Morgen, kommt es uns vor wie im Winter. Die gewaltigen Eismassen mit ihrer Strahlungskälte entziehen uns auf Distanz die Wärme. Wie oft an diesen Orten können auch hier Bootstouren unternommen werden um dem Eis näher zu kommen.
Der berühmte Gletschersee Jökulsárlón
Der größte seiner Art ist der Gletschersee Jökulsárlón. Schon vor dem eigentlichen Hotspot sind kleinere Parkplätze entlang der Straße zu finden. Über kleine Hügel gelangt man direkt ans Ufer. Nach der Brücke geht es links zum Parkplatz mit Foodtracks und Touranbietern. Achtung Fußgänger auf der Brücke, ein perfekter Fotopunkt, den keiner zu nehmen scheint. Gigantische Blicke auf den Breiðamerkurjökull, den Jökulsárlón und den kurzen aber mächtigen Fluss bekommt man hier. Riesige Eisschollen liegen im Wasser, brechen von Zeit zu Zeit ab und treiben dann flussabwärts. Die Regel, dass nur 10% eines Eisbergs aus dem Wasser schauen, gilt für die riesigen Klötze hier nicht ganz, da sie auf Grund liegen.
Eisberge am Diamond Beach
Schaffen es die abgebrochenen Eisschollen dann zu schwimmen, reißt sie der Fluss mit unter der Brücke durch ins unmittelbar angrenzende Meer. Die entgegenkommenden Meeresströmung lenkt sie um und treibt sie an Land. Herzlich Willkommen am Diamond Beach. Es sieht schon nach einer verkehrten Welt aus wenn kleine, große und riesige Eisklötze am Strand im Trockenen liegen. Wieder eine Gelegenheit für einmalige Fotomotive, die sich kaum jemand entgehen lässt.
Alles hat eine Ende – unsere letzte Nacht
Entlang der Ring Road geht es für uns noch ein ordentliches Stück nach Osten. Die letzte Nacht übernachten wir am Campsite in Egilsstaðir. Nochmal tanken, ein paar Kleinigkeiten einkaufen und Postkarten loswerden. Wir packen diesmal geschickt für die Fähre und fahren am Morgen die letzte halbe Stunde nach Seyðisfjörður. Im Nordic Restaurant schnappen wir uns noch einen leckeren Cappuccino und Latte aus einer der wenigen Siebträgermaschinen im Land und stellen uns dann um die Ecke im Hafen an.
Wir blicken zurück auf vier traumhafte Wochen Island
Ein eindrucksvoller Urlaub geht zu Ende. Wir haben die Runde geschafft und flexibel mit Zielen gefüllt. Till war ein perfekter Mitreisender und hat nicht nur uns sondern so viele Leute mit seiner aufgeweckten und freundlichen Art begeistert. Teilweise minutenlang hat er gewunken, in der Kraxe war er meist das Highlight. Wir haben Island als kinderfreundlich erlebt und fast überall Hochstühle und Spielmöglichkeiten gefunden. Land und Menschen sind aufgeschlossen, zuvorkommend und alle sprechen auch im letzten Eck Englisch.
Die Landschaften und Naturphänomene sind sensationell und wirken oft wie von einer anderen Welt. Der Wettereinfluss ist etwas Besonderes und verzaubert die Orte nochmal auf eigene Weise. So viel blieb unentdeckt und die Agenda für einen Wiederholtrip könnten wir schon heute schreiben. Es warten das Hochland, die Westfjorde, die Westmännerinseln, viele kleine Ecken hier und da, Wiederholbesuche und die Faröer Inseln auf dem Weg im Atlantik. Mit der gesammelten Erfahrung bereit für größere Abenteuer und sicher wieder mit ein paar Modifikationen am Setup. Überraschend viele 3.175km sind es geworden plus knapp 2.400km zwischen Stuttgart und Hirtshals.
Mit einem “Vertu sæll” verabschieden wir uns und fahren auf die Fähre. Bis bald Island.
Lieben Dank an alle Mitleser unseres Blog. Wir hoffen, es war was tolles dabei und ihr lasst euch vom Reisefieber anstecken.