Warum sind hier selbst Campingplätze voll?
Beim Versuch, einen Platz auf dem Campsite in Egilsstaðir zu bekommen waren wir am Vorabend einmal mehr irritiert. Wie schon bei der Buchung der Quarantäne Unterkunft war nichts zu machen. Absolut jeder Platz war bereits am Vortag belegt.
Am Morgen erfahren wir beim Frühstücksgespräch mit den isländischen Zimmernachbarn warum das so ist. Während der Nordosten im Winter viel Schnee und im Sommer Sonne bekommt, wird das Wetter in Reykjavík und im Süden immer mehr zum dauerhaften Mittelmaß. Die anhaltenden Regentage ziehen jeden, der es einrichten kann, in den Nordosten des Landes. Man bleibt flexibel und lässt sich treiben – die Isländer nennen das “follow the sun”. Und so ist auch in Covid-19-Zeiten mit weniger Tourismus fast alles ausgebucht.
Entlang des Jökulsá á Brú zur Ring Road Route 1
Unser Weg führt uns zurück zur Ring Road oder auch Route 1. Die Isländer würden sagen Þjóðvegur 1 oder Hringvegur. Mit 1322km Länge umspannt sie das ganze Land und stellt die bedeutendste Verbindung der Landesteile dar.
Unser Airbnb Stay liegt am Fluss Jökulsá á Brú, der wie viele andere auch vom größten Gletscher Islands, dem Vatnajökull gespeist wird. Mit dem etwas nebelverhangenem Wetter im Tal steigt die Ring Road allmählich an und wir finden einen Einstieg in die Natur und ihre farbenkräftigen Wechselspiele.
Sænautasel
Ungefähr 62km hinter Egilsstaðir geht es linker Hand auf die Nebenstrecke Möðrudalsleið (901). Nach weiteren 7km biegt man auf die F-Straße F907 und erreicht dann den alten Torfhof Sænautasel. Er ist in der klassischen Bauweise errichtet und wird ursprünglich erhalten. Bei unserem Besuch können wir die Vorbereitungen für neue Torfelemente erkennen.
Im ehemaligen Stall, der bist zu 60 Schafe fasste, bewirtet die in der nähe wohnende Familie ihre Gäste. Für sportliche 2.500 ISK (ca. 17 EUR) gibt’s Kaffee und Pfannkuchen mit Sahne und Rhabarbermarmelade. Auf Wunsch auch Nachschlag und sie schmecken fantastisch. Wer nichts bestellt zahlt laut Schild an der Brücke einen geringeren Preis als Eintritt.
(Link zu Google Maps)
Der abseits gelegene Hof Möðrudalur
Zurück auf der 901 fahren wir den ehemals zur Ring Road gehörenden Straßenabschnitt weiter nach Norden bis wir Möðrudalur erreichen (Link zu Google Maps). Hier steht Islands höchst gelegener, dauerhaft bewohnter und betriebener Bauernhof. Die Schafsfarm auf 469m bietet auch tolle Unterkünfte, ein Café und eine witzige Tankstelle in einer der Holzhütten.
Auf diesem Abschnitt im Möðrudalsöræfi fahren wir auf der Schotterpiste (auch Gravel Road genannt) durch eine mondartig anmutende Landschaft mit Hügelformationen in allen Variationen. Wir können uns vorstellen, wie empfindlich die Natur und ihre Vegetation in Island und hier insbesondere ist. Vor allem das landestypische Moos kämpft mit den harten Bedingungen. Weil es nur äußerst langsam wächst und Schäden viele Jahre zurück bleiben, steht es zurecht unter Schutz.
Mit Café-Stop im Beitarhúsið zurück zur #1
Mit einem Geradeausabschnitt, der die Weite noch einmal eindrucksvoll betont endet unser Abstecher. An der Ecke zur Ring Road (1) liegt allein und verlassen, aber wunderschön gelegen das kleine süße Beitarhúsið (Link zu Google Maps). Im süß eingerichteten, recht neu wirkenden Café genießen wir durchs Fenster einen kleinen Blick auf den zurückliegenden Streckenabschnitt. Die Spielecke mit Tipi gibt uns einen Vorgeschmack auf die Kinderfreundlichkeit Islands. In nahezu jeder Lokalität und normalerweise auch in jedem Museum findet sich ein kleines oder großes Spielparadies.
Dettifoss – Wasserfall der Superlative
Nach 37 km verlassen wir erneut die Ring Road und biegen ab auf die Dettifoss Road (862). Diese bringt uns auf die Westseite der drei Wasserfälle Selfoss, Dettifoss und Hafragilsfoss. Alternativ zur Westseite kann auch die ruhigere, aber unbefestigte Ostseite (864) gefahren werden. Da wir spät dran sind und das Wetter feuchtkalt ist, priorisien wir den Dettifoss (Link zu Google Maps).
Durch Kombination der Fallhöhe und Wassermenge ist er der leistungsstärkste Wasserfall Islands. Er spielt mit dem Rheinfall und dem Sarpsfossen in Norwegen in der Liga der drei größten Wasserfälle Europas.
Während wir Till in der Trage warm halten kämpft sich Susi durch Wind und starke Gischt auf die oberste Aussichtsplattform. Um genau nichts zu sehen. Für Nachfolger: Bloß nicht vom Wetter abschrecken lassen, es kann auch innerhalb weniger Minuten aufklaren und sich zum Bilderbuchanblick wandeln.
Es ist nochmal eine halbe Stunde Fahrt bevor wir unser Tagesziel erreichen: den Ásbyrgi Campground (Link zu Google Maps).