Am nächsten Morgen wählen wir die reguläre Zufahrt zum Camp und landen schnell wieder auf der Landstraße die uns über eine ausschließlich aus Kurven bestehende Strecke in den Kozara Nationalpark führt. Es gibt nicht viel zu sehen und das Wetter ist wechselhaft. Neben einem Monument und ein paar Wanderwegen gibt es hier zwei Skipisten mit jeweils knapp einem Kilometer Länge. Da kommt man ja richtig aus der Puste im Winter. Der Regen treibt uns in den Imbiss am Parkplatz. Bei Cevapcici kann man wenig falsch machen, sie schmecken.
Ein Vorgeschmack auf die heftige Zerstörung der Kriege
Wir verlassen den Nationalpark auf der anderen Seite. Bergab erreichen wir nach kurzer Zeit das kleine Dörfchen Kozarac und irgendwas erscheint uns hier seltsam. Es dauert nicht sehr lange bis uns auffällt, dass auffällig viele hochpreisige Fahrzeuge unterwegs sind. Beim zweiten Hinschauen fallen uns die viele europäischen Autokennzeichen auf: die meisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aber auch aus Schweden und anderen Ländern. Beim Kaffeestop im lokalen Café gesellt sich Till zu einem Mann an den Tisch. Er spricht nur wenig Englisch, ich frage ihn aber was es mit den Kennzeichen auf dich hat. Er gibt an, selbst in Schweden zu leben und die meisten Menschen sind ehemalige Flüchtlinge. Sie haben ihr Land in den schrecklichen Zeiten der kriegerischen Auseinandersetzungen zu Zeiten Jugoslawiens in den 90ern verlassen müssen. Da Heimat aber Heimat bleibt kehren auch 30 Jahre später viele in der Ferienzeit im Sommer hier her zurück. Für einige Wochen ist hier die Hölle los. Wir zahlen und entdecken gegenüber auf dem Platz ein Monument. Es stellt sich als Gedenkstätte heraus und listet alle Verstorbenen in den drei wenigen Jahren 1992 bis 1995 auf – unvorstellbar angesichts der kleinen Größe des Ortes.
Banja Luka und die Republika Srpska
Es geht weiter nach Süden. Der Weg führt uns durch Banja Luka, die zweitgrößte Stadt des Landes und de facto Hauptstadt der Region Srpska. Während wir einfach nur durchfahren haben Stadt und Region eine historische Bedeutung, derer man sich bewusst sein sollte. In Bosnien und Herzegovina treffen die muslimischen Bosniaken, orthodoxe Serben und katholische Kroaten aufeinander. Während der fürchterlichen Bosnienkriege, bei dem Leid und Zerstörung über die Bevölkerung hereinbrach wurden auch unvorstellbare Schandtaten verübt. Unter ethnischen Säuberungen kennt man heute die mit menschlichem Verstand nicht zu erklärende widerliche und verachtende, brutale Befreiung einzelner Regionen von Menschen anderer Gesinnung. Bis zum Ende des Kriegs lebten dadurch in der heutigen Region Srpska fast nur noch Serben inklusive der Vertriebenen aus der Federation of Bosnia and Herzegovina. Die im Norden und Osten gelegene Republika Srpska bildet zusammen mit den weiteren Landesteilen der Federation of Bosnia Herzegovina das aktuelle Bosnien und Herzegowina.
Sehr viel schöner als die Geschichte ist die Fahrt entlang des Vrbas. Ein Highlight unterwegs ist der Aussichtspunkt auf die Flussbiegungen bei Dabrac.
Zu Gast im kleinen Jajce
Die kleine Provinzstadt Jajce wurde im Krieg heftig getroffen. Durch den Krieg selbst und damit einhergehende Flucht sank die Bevölkerung von über 45.000 auf wenige tausend Einwohner, die Zerstörung griff um sich. Entsprechend überschaubar ist der Ort heute. Aufgrund des angesagten Gewitters entscheiden wir uns in Jajce für ein Apartment und nutzen die Gelegenheit zum Wäsche waschen. Tags drauf schauen wir uns die Mlinčići Mühlen an. Das Gelände mit See, Fluss und vielen kleinen, ehemaligen Mühlenhäuschen ist grundsätzlich hübsch angelegt, aber bei schönem Wetter sicher überlaufen. Highlights für Till sind der kleine Spielplatz mit Trampolin und der für Kinder geeignete “Hoch”seilgarten. Für das Eis zum Naschen wechseln wir den Kiosk nach einem Blick in die Truhe mit den sichtlich angetauten und krumm gewordenen Eistüten. Besser gefällt es uns in der Stadt. Auch wenn die mit viel Stein und Beton erbaute Veranstaltungsplattform am Fuße des Wasserfalls einen nicht zu übersehenden Eingriff in die Natur darstellen, ist der Pliva Waterfall schön anzuschauen. Den Eintritt von 5€ für den Abstieg finden wir etwas übertrieben.
Leckere Cevapcici und hervorragende Palatschinken
Wir gönnen uns leckere Cevapcici in der sympathischen Gaststätte Cevabdzinica Dedo, die etwas versteckt in dritter Reihe liegt aber mit einem tollen, wenn heute auch kühl windigen Ausblick ins untere Flusstal des Vrbas zu überzeugen weiß. Nachtisch gibt’s im Pfannkuchenhaus Kinder Palačinkarnica. Nachdem wir die Bilder im Internet gesehen hatten war klar, dass Verzicht hier keine Option ist. Es gibt die beliebten Palatschinken hier in allen erdenklichen Variationen. Von der klassischen Form über exquisite Varianten bis hin zu ganzen Torten findet sich alles im Angebot.